Konfliktursachen in Organisationen

Laurie J. Mullins (1985)

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Ziel

Mithilfe der Einteilung von Konflikten nach Laurie Mullins sollten die TeilnehmerInnen in der Lage sein, die Ursachen der eigenen Konflikte besser einschätzen zu können.

 

Kontext

  • Team
  • Konflikt
  • Reflexion
  • Supervision

 

Theorie und Praktische Einführung

(basierend auf Laurie J. Mullins (2009): Management and Organizational Behaviour.)
Will man zwischenmenschliche Konflikte innerhalb von Organisationen lösen, kann es ein wichtiger erster Schritt sein, die Ursachen abzuklären. Einen Ansatz für die Einteilung oder Einordnung von Konfliktursachen in Organisationen bietet Laurie Mullins. Wichtig zu beachten ist dabei, dass oftmals nicht eine Ursache allein der Grund für bestehende Konflikte ist – gerade wenn diese über einen längeren Zeitraum schwelen, kommen möglicherweise immer wieder neue Ursachen dazu. In diesem Fall ist es wichtig, alle Ursachen zu analysieren, um produktiv weiterarbeiten zu können. Es geht Mullins auch nicht um eine vollkommene Harmonisierung von Organisationen (was sowohl unmöglich als auch unproduktiv wäre), vielmehr geht es ihm darum, mithilfe einer Übersicht möglicher Ursachen, den Umgang mit Konflikten zu erleichtern.

 

Die Ursachen von Konflikten in Organisationen nach Laurie Mullins sind (die englischen Originalausdrücke finden sich jeweils in Klammer):

 

  • Individuelle Wahrnehmungsunterschiede (Differences in perception): Situationen werden von unterschiedlichen Personen unterschiedlich wahrgenommen. Das hängt von unseren Werten, unseren Einstellungen und bisherigen Erfahrungen ab. Eine Situation kann objektiv betrachtet noch so harmlos sein und möglicherweise im ersten Moment gar nichts mit der Arbeit zu tun haben – allein durch die unterschiedliche Wahrnehmung können unterschiedliche Realitäten und Bewertungen erzeugt werden, welche in weiterer Folge möglicherweise zu Konflikten führen.
  • Seltene oder begrenzte Ressourcen (Limited resources): Wenn mehrere Personen oder Organisationseinheiten dieselben Ressourcen benötigen, diese aber durch äußere Umstände oder durch dritte eingeschränkt verfügbar sind, kann dies sehr schnell zu Konflikten führen. Mullins meint dazu: „The greater the limitation of resources, the greater the potential for conflict.“ (Mullins 2009: 100).
  • Zergliederung der Organisation (Departmentalisation and specialisation): Je mehr die Organisation über Entscheidungsbefugnisse, Abteilungen, Verantwortlichkeiten etc. aufgeteilt wird, umso mehr Konfliktpotential entsteht, da so Zugehörigkeiten gestärkt und ‚Revierkämpfe‘ gefördert werden. Gerade, wenn dann unterschiedliche Organisationeinheiten zusammenarbeiten sollen, kristallisiert sich oft heraus, dass die beiden nicht dieselben Ziele verfolgen (können), was zu erhöhtem Konfliktpotential führt.
  • Voneinander abhängige Arbeit (The nature of work activities): Ist die Arbeit einer Person oder Abteilung abhängig von der Vorarbeit einer anderen Person oder Abteilung, kann dies sehr schnell zu Konflikten führen. Noch gefördert kann dieses Konfliktpotential dadurch werden, dass die beiden Personen/Abteilungen unterschiedliche Vorgaben auf Wochen- oder Monatsziele bekommen.
  • Rollenkonflikte (role conflict): MitarbeiterInnen sind in einer Organisation in unterschiedlichen Rollen tätig. Hier liegen verschiedene Möglichkeiten vor, wie dies zu Konflikten führen kann: Beispielsweise können zwei Rollen in Konflikt geraten oder jemand verhält sich aufgrund seiner Rolle anders, als man es als Privatperson erwarten würde.
  • Unfaire Behandlung (Inequitable treatment): Hier ist die Unterscheidung zwischen Gleichbehandlung und Fairness zu treffen. Aufgrund unterschiedlichster Voraussetzungen können unterschiedliche MitarbeiterInnen nicht immer gleich behandelt werden (z.B. körperliche Einschränkungen, unterschiedliche Vorkenntnisse, etc.), sehr wohl aber fair. Fühlt sich jemand unfair behandelt, wird dies sehr schnell Ursache eines Konflikts.
  • Verletzung des Territoriums (Violation of territory): Sobald jemand ein Eindringen in seinen persönlichen Bereich wahrnimmt oder vermutet, führt dies sehr schnell zu Konflikten. Dabei kann es um einen realen Bereich gehen, beispielsweise das Büro, den Arbeitsplatz, den Parkplatz, etc. oder um einen ideellen, beispielsweise das ungefragte Abändern einer Arbeit oder das Reden mit Kunden, die jemand anderem zugeteilt sind. Diese Territoriumsansprüche können formeller Natur sein (Job description, Organisationsstruktur, etc.), durch die tägliche Arbeit erworben werden (Übernahme bestimmter Verantwortungen, Zugehörigkeit zu Arbeitsgruppen, etc.) oder informell entstehen (erworbener Status, Gruppennormen, gewachsene Kultur).
  • Veränderung der Umwelt (Environmental change): Veränderungen führen zu Unsicherheit und Stress und erhöhen damit sehr schnell das Potential für Konflikte. Derartige Veränderungen in Organisationen können durch äußere Umstände ausgelöst werden – beispielsweise veränderter Konkurrenzdruck oder neue Finanzvorschriften.

 

Mullins selbst schreibt, dass dies natürlich bei weitem nicht alle möglichen Ursachen für Konflikte sein können. Er ergänzt ein paar gängige weitere Gründe, die etwas allgemeiner formuliert sind: Persönliche Gründe (Stress, persönliche Eigenschaften, an denen man sich stößt, Krankheit, etc.), Gruppe (Gruppenwerte und –normen, Teamfähigkeit der einzelnen, etc.), Organisation (Unternehmensstruktur, Kommunikationskultur, Führungsstil, etc.), Altersunterschiede (Generationenkonflikte, etc.);

 

Kommentar

Dieser Artikel gibt eine Übersicht über mögliche Konfliktursachen in Organisationen wieder und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Allerdings wird damit durchaus deutlich, wie komplex Konflikte innerhalb von Organisationen sein können. Es wird empfohlen, bei einer Bearbeitung der Konfliktursachen nach Mullins gemeinsam mit den TeilnehmerInnen zu jedem Punkt Beispiele zu erarbeiten.

 

Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen

Es gibt keine zwingenden inhaltlichen Voraussetzungen für dieses Modell. Es erscheint jedoch sinnvoll, sich zuvor allgemein mit dem Thema Konflikt auseinanderzusetzen und den Begriff zu definieren. Dafür eignet sich Beispielsweise das Modell der Konflikteskalation nach Glasl sowie die Begriffsdefinition, die Glasl verwendet.

 

Querverweise

 

Weiterführende Literatur

 

Die 9. Auflage aus 2010 ist auch online abrufbar unter: http://www.jcch.com.ar/books/Management%20and%20Organisational%20Behaviour.pdf

 

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