Friedmann Schulz von Thun
Ziel
Die TeilnehmerInnen lernen, dass es nicht möglich ist z.B. nur auf der Sachebene zu kommunizieren. Sie erhalten ein Modell durch welches sie Kommunikationsproblemen vorbeugen beziehungsweise sie analysieren und beheben können.
Kontext
Theorie
(basierend auf Schulz von Thun, F. (1981): Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen)
Schulz von Thun differenziert in seinem Modell vier verschiedene Seiten, die eine Nachricht haben kann. Für den Sender einer Nachricht ist es nicht möglich nur mit einer Seite, zum Beispiel der des Sachinhaltes, zu sprechen. Er kommuniziert mit dem Empfänger immer über vier Seiten. Ausnahmen gibt es nur wenige. Zum Beispiel wird in der non-verbalen Kommunikation oft nur auf drei Seiten ohne Sachinhalt kommuniziert.
Zur Illustration betrachten wir die Aussage des Beifahrers zum Fahrer: „Du, da vorne ist Grün!“ (Beispiel aus „Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen“ übernommen)
1. Sachinhalt – Worüber ich informiere
Hier geht es nur um die Sache. In unserem Beispiel um den Zustand der Ampel – sie ist grün. Der Sachinhalt wird nur selten angezweifelt und kann meist verifiziert werden.
2. Selbstoffenbarung – Was ich von mir selbst kundgebe
In jeder Kommunikation gibt der Sender auch etwas über sich selbst preis. Schulz von Thun wählte den Begriff bewusst um „damit sowohl die gewollte Selbstdarstellung als auch die unfreiwillige Selbstenthüllung einzuschließen.“ [Schulz von Thun 1981]
In unserem Beispiel könnte dies z.B. sein, dass der Beifahrer es eilig hat.
Bei der Selbstoffenbarung handelt es sich meist um Ich-Botschaften.
3. Beziehung – Was ich von dir halte und wie wir zueinander stehen
Die Beziehungsebene umfasst zwei Teile
- Was hält die/der SenderIn von der/dem EmpfängerIn. (Du-Botschaften)
- Wie sieht die/der SenderIn die Beziehung zwischen sich und der/dem EmpfängerIn. (Wir-Botschaften)
In unserem Beispiel könnten diese beiden Teile sein:
- „Du kannst nicht Auto fahren.“
- „Ich bin der bessere Autofahrer von uns beiden, lass mir dir sagen wenn du zu langsam fährst.“
4. Appell – Wozu ich dich veranlassen möchte
Fast jede Nachricht hat auch den Zweck, die/den EmpfängerIn zu etwas zu bewegen. Dies kann offen oder versteckt (manipulativ) passieren.
Im gewählten Beispiel möchte der Beifahrer den Fahrer mit dem Appell vielleicht dazu bringen schneller zu fahren um noch bei Grün über die Ampel zu kommen.
Praktische Einführung
(basierend auf Schulz von Thun, F. (1981): Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen und Boes, S. G. / Kaseric T. (2008): Trainer-Kit)
Zu Beginn analysiert man gemeinsam mit den TeilnehmerInnen einen Satz. Zum Beispiel das von Schulz von Thun gewählte Beispiel: „Du, da vorne ist Grün!“. Wird dieser Satz in die Mitte einer Flipchart / eines Whiteboards geschrieben, können die verschiedenen Bedeutungen, die dieser Satz haben kann, darauf visualisiert werden. Schreiben Sie, je nach dem welcher Seite die Bedeutung zuordenbar ist, diese in eine der vier Ecken. Sachinhalt, Beziehung und Appell gehen meist sehr leicht, bei der Selbstoffenbarung benötigen einige Gruppen Hilfe.
Anschließend präsentieren Sie die Theorie der vier Seiten einer Nachricht.
Auf die Theorie folgt die Frage, auf welcher Seite denn die Nachricht bei der/dem EmpfängerIn ankommt. Schulz von Thun hat hier die Vier Ohren vorgeschlagen.
Die/Der EmpfängerIn kann sich frei entscheiden auf welche der vier Seiten die/er reagieren möchte.
Sachohr: „Ja, hier ist die Grüne Welle, das ist ganz angenehm.“
Selbstoffenbarung: „Du hast es eilig?“
Beziehungsohr: „Fährst du oder ich?“
Appellohr: Der Fahrer gibt Gas.
(Zitate aus [Schulz von Thun 1981])
Kommunikationsprobleme entstehen nun, wenn die/der EmpfängerIn auf eine Seite der Nachricht reagiert auf welche die/der SenderIn nicht das Hauptaugenmerk legen wollte.
Die wenigsten unter uns beherrschen ein ausgewogenes hören auf allen vier Ohren und reagieren je nach Situation, sondern hören auf einem Ohr besonders „gut“.
Bleibt noch zu klären was die/der SenderIn tun kann um möglichst klar kommunizieren zu können. Betrachten wir die vier Seiten, könnte er sich folgende Fragen stellen bevor er kommuniziert:
Sachinhalt: „Wie kann ich den Sachinhalt möglichst klar und verständlich kommunizieren?“
Selbstoffenbarung: „Was möchte ich über mich selbst aussagen?“
Beziehung: „Wie möchte ich Menschen durch die Art meiner Kommunikation behandeln?“
Appell: „Was möchte ich erreichen? Wie teile ich dies möglichst klar und verständlich mit?“
Kommentar
Schulz von Thun verweist auf zwei Modelle, die er in seinem Quadrat vereint. Dies ist einerseits das Organon-Modell von Bühler (1934) und andererseits der Inhalts- und der Beziehungsaspekt einer Nachricht nach Watzlawick (1969). Überlagert man die beiden Modelle mit ihren 3 beziehungsweise 2 Seiten, ergibt sich das von Schulz von Thun vorgeschlagene Viereck.
Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen
Es bedarf keiner bestimmten Voraussetzungen für dieses Modell.
Arbeitsmaterial
Handout zu den vier Seiten einer Nachricht als pdf
Querverweise
Weiterführende Literatur
Das Original
Zusammenfassungen
Tiefergehende Trainingsvorlage
Vier Seiten einer Nachricht im Kontext der Gruppendynamik
Quadratische Konfliktanalyse basierend auf den vier Seiten
Beispiel-Training (60 Minuten)
Zeit | Beschreibung | Material |
20‘ | Vorstellung der vier Seiten und der vier Ohren | Flipchart oder Beamer |
25‘ | In Kleingruppen: Anhand von Beispielsätzen versuchen, die vier Seiten der Nachricht zu identifizieren. | Beispielsätze |
15‘ | Vorstellen der Ergebnisse aus den Kleingruppen bzw. Besprechen, wo es Probleme gab und darauf evtl. noch einmal kurz näher eingehen (Bei Verständnisschwierigkeiten etwas mehr Zeit für die Nachbesprechung einplanen) |