Matthew B. Miles (1965)
Ziel
Die TeilnehmerInnen erkennen in gruppendynamischen Trainingsgruppen – und darüber hinaus – die typischen Phasen des sozialen Lernens nach Miles.
Kontext
- Gruppendynamik
- Persönlichkeitsentwicklung
- Reflexion
- Team
Theorie
(basierend auf Maria Majce-Egger (1999): Gruppentherapie und Gruppendynamik. Dynamische Gruppenpsychotherapie: Theoretische Grundlagen, Entwicklungen und Methoden S. 100 ff.)
Matthew B. Miles fand für das soziale Lernen, sprich die Veränderung seines eigenen Verhaltens in einer Gruppe, einen typischen Phasenablauf. In gruppendynamischen Trainings – und darüber hinaus – folgt auf einen Phasenablauf stets der nächste.
Unzufriedenheit
Zu Beginn des Phasenablaufs entsteht bei der beobachteten Person eine Unzufriedenheit über sich selbst bzw. mit dem wie der Rest der Gruppe auf sie reagiert.
Um aus dieser Unzufriedenheit lernen zu können, muss die Person zumindest zum Teil die Schuld für die Unzufriedenheit auch bei sich selbst sehen können, indem sie eine ihrer Verhaltensweisen als unpassend erlebt. Wird nur der Rest der Gruppe als unpassend erlebt, so bleibt ein Lernerfolg naheliegender Weise aus.
Auswahl eines neuen Verhalten
In der zweiten Phase wird nach einem neuen Verhalten gesucht. Hierbei gibt es drei Möglichkeiten, ein neues Verhalten für sich selbst zu finden:
- Ratschläge aus der gruppendynamischen Trainingsgruppe
- Imitation eines Vorbildes
- Suche nach einzelnen Verhaltenselementen, die in der Gruppe aufgetreten sind.
Übung des neuen Verhaltens
Hat man sich für ein neues Verhalten entschieden, so muss dieses ausprobiert und die Reaktion der anderen Gruppenmitglieder darauf beachtet werden.
Feedback über die Ereignisse
Schon während des Ausprobierens des neuen Verhaltens hat man über die Reaktionen der anderen Gruppenmitglieder Feedback bekommen. Meist wünscht man sich jedoch auch ein explizites Feedback über das veränderte Verhalten.
Hilfreich ist es, wenn das Feedback möglichst direkt auf das neue Verhalten folgt. Je positiver es ausfällt, desto mehr wird sich die Gruppe in weiterer Folge in Bezug auf Verhaltensänderungen trauen und umso leichter kann sich die Gruppe weiterentwickeln.
Generalisieren und Integrieren
Durch die Erfahrungen beim üben des neuen Verhaltens und aus dem Feedback der Gruppenmitglieder besitzt man nun genug Informationen, um das neue Verhalten in sein Selbstbild zu integrieren. Wobei das neue Verhalten durchaus auch nur in einzelnen Lebensbereichen in Zukunft angewandt werden kann.
Neue Unzufriedenheit
Auf das Ende der einen Phase folgt der nächste Lernschritt, in dem wiederum alle Phasen durchlaufen werden.
Praktische Einführung
(basierend auf Maria Majce-Egger (1999): Gruppentherapie und Gruppendynamik. Dynamische Gruppenpsychotherapie: Theoretische Grundlagen, Entwicklungen und Methoden S. 100 ff.)
Um TeilnehmerInnen das Modell von Miles näher zu bringen hat sich ein beispielhaftes durchlaufen der Phasen als geeignet erwiesen. Hierzu wird – behutsam – das Verhalten einer Person analysiert.
Unzufriedenheit
Zu Beginn wird nach einem ‚Fehlverhalten‘ einer Person gesucht. Ist die Gruppe noch nicht so weit, dass dies gefahrlos getan werden kann, kann auch ein fiktives Fehlverhalten verwendet werden.
Anschließend wird sichergestellt, dass dieses Fehlverhalten intensiv erlebt wird. Ist jemand zum Beispiel stets besserwisserisch, kann dies durch ein sehr kurzes Rollenspiel bzw. eine sehr kurze Diskussion zu Tage gefördert werden. Um die Intensität zu steigern, sollte an dieser Stelle das Fehlerverhalten intensiv in der Gruppe betrachtet werden.
Dies passiert in vielen Trainingsgruppen von alleine bzw. durch entsprechende Intervention der Trainerin/des Trainers. Die intensive Erfahrung ist sowohl für die Anstrengung im weiteren Prozess als auch für den Transfer in den Alltag sehr wichtig. Dieser Aspekt sollte mit den TeilnehmerInnen entsprechend diskutiert werden.
Auswahl eines neuen Verhaltens
Gemeinsam mit der Versuchsperson wird nach einem neuen Verhalten gesucht.
Bei der Suche nach einem neuen Verhalten können drei Motive unterschieden werden:
- sich kooperativ zeigen – ich passe mich den Gruppennormen an
- jemandem ähnlich sein – ich will so sein wie du
- es ist mir persönlich wichtig, mich zu verändern
Das letzte Motiv ist dabei jenes mit der höchsten Wahrscheinlichkeit, dass die Erkenntnisse in den Alltag transferiert werden können.
Sobald ein neues Verhalten gefunden ist, ist es sinnvoll, die oben genannten drei Motive gemeinsam mit der Gruppe zu analysieren und alternative neue Verhalten, basierend auf den beiden nicht gewählten Motiven, zu suchen.
Übung des neuen Verhaltens
Miles empfiehlt hier unter anderem Rollenspiele oder andere Übungen zur Unterstützung. Andere Übungen könnten z.B. der Sin-Obelisk bei Änderungen des Kommunikationsverhaltens sein oder Gruppendynamische Methoden.
Ist die Gruppe groß genug, können BeobachterInnen eingesetzt werden, um im nächsten Schritt besseres Feedback zu ermöglichen.
Mit den TeilnehmerInnen sollte vor oder nach diesem Punkt besprochen werden, welche Übungen hier in welchen Settings Sinn machen.
Feedback über die Ereignisse
Anschließend sollte viel Raum für ein detailliertes Feedback gegeben werden. In gruppendynamischen Trainings wird dies, wenn nötig, durch den Trainer/die Trainerin mit einer entsprechende Intervention in Gang gebracht.
Um den Lernerfolg zu maximieren hilft eine Reflexion mit der Versuchsperson darüber, was ihr/ihm die Feedbackrunde gebracht hat.
Generalisieren und Integrieren
Bei Bedarf ist hier ein guter Zeitpunkt für eine Pause, um das Feedback und alle anderen Eindrücke sickern zu lassen.
Anschließend wird sowohl mit der Versuchsperson als auch mit der ganzen Gruppe besprochen wie sich die Erfahrungen nun generalisieren lassen und in welchen Lebensbereichen das neu ausprobierte Verhalten in Zukunft angewandt werden könnte – und in welchen es weniger Sinn macht.
In einer darauf folgenden Reflexion sollte sich herauskristallisieren, dass durch den ganzen Prozess zwei weitere Erfolge erzielt wurden:
- Erhöhung der Selbstsicherheit und des Selbstwertgefühls
- Erhöhung der Lernfähigkeit im Bereich des eigenen Verhaltens
Kommentar
Um das Modell mit einer Versuchsperson durchspielen zu können, ist es notwendig, dass sich die Gruppe bereits gut kennt und entsprechendes Vertrauen vorhanden ist.
Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen
Es gibt keine inhaltlichen Voraussetzungen.
Querverweise
- Johari-Fenster – für den Feedback Teil
- Veränderungsmanagement nach Lewin unfreezing – moving – freezing
- Teamphasen nach Tuckman / Teamuhr
- Feedback
Weiterführende Literatur
Das englische Original
Gute deutsche Zusammenfassung