Paul Watzlawick
Ziel
Allgemein:
Verständnis der TeilnehmerInnen dafür wecken, dass menschliche Kommunikation einfach und komplex gleichzeitig ist. Es sind fünf Eigenschaften, denen die Kommunikation immer unterworfen ist.
Für den Anwendungsfall im Konfliktmanagement:
Man kann den TeilnehmerInnen bei jedem Axiom begreiflich machen, wie schnell etwas schief gehen kann
Kontext
Theorie
(basierend auf Watzlawick, P. (1969): Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien)
Paul Watzlawick hat Ende der 1960er Jahre folgende fünf Axiome – oder auch Eigenschaften – des menschlichen Kommunikationsverhaltens aufgestellt:
1. Man kann nicht nicht kommunizieren.
Es ist unmöglich dem Gegenüber keine Signale zu senden (verbal, nonverbal). Bereits der Versuch nicht zu kommunizieren, sagt dem Gegenüber ja etwas.
2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
Alles, was gesagt wird, wird zusätzlich auf einer anderen Ebene transportiert. Es gibt keine rein informative Kommunikation. Um die Botschaft verstehen zu können, benötigt der Empfänger beide Aspekte – und diese sollte übereinstimmen, damit es nicht zu Verwirrungen kommt. Wird beispielsweise eine traurige Nachricht mit einem Lächeln überbracht, wird dies bei dem Empfänger Irritation auslösen und er wird die Nachricht möglicherweise nicht ernst nehmen oder vom mangelnden Mitgefühl des Senders überrascht sein. Dieses Axiom sollte bedacht werden, wenn man über Medien kommuniziert, die nur einen der beiden Aspekte erlauben (z.B. email), da eine sichere Deutung nur durch das Zusammenspiel beider Ebenen möglich ist.
3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung
Watzlawick postuliert, dass eine Kommunikation immer kreisförmig verläuft und es keinen Anfangspunkt gibt. Praktisch kann man sich ein Gespräch zwischen zwei Personen vorstellen, die sich in einem Café treffen: Eine Person begrüßt die andere – tut dies aber auf die Art, wie sie es aufgrund des Verhaltens der anderen Person für angemessen hält. Diese andere Person hat sich so verhalten, weil sie vorher das Verhalten der ersten Person aufgenommen und interpretiert hat, etc. Nehmen wir weiters an, Person A spricht über ein Thema, von dem sie glaubt, dass Person B daran interessiert ist. Person B wiederum tut als würde sie das Thema interessieren, weil sie glaubt, dass Person A darüber reden will. So sprechen die beiden über etwas, das möglicherweise keinen interessiert – und zum Schluss kann niemand sagen, wer damit angefangen hat.
4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Methoden
Digitale Kommunikation enthält die Syntax, mit der wir kommunizieren können. Dies sind Worte, Gesten, Zeichen oder Symbole. Für sich alleine können diese viele unter-schiedliche Bedeutungen haben. Eine Träne beispielsweise kann sowohl Freude als auch Trauer oder Schmerz ausdrücken. Um herauszufinden, wie die verwendete Syntax zu verstehen ist, brauchen wir die Semantik, also die Bedeutung der Zeichen, die mit der analogen Kommunikation einhergeht. Auch bei diesem Axiom wird die Problematik von eindimensionaler Kommunikation (z.B. email) sichtbar.
5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär
Symmetrische Kommunikation liegt dann vor, wenn die beiden Gesprächspartner auf gleicher Ebene kommunizieren und bestrebt sind, Unterschiede zu minimieren. Komplementäre Kommunikation finden zwischen ungleichen bzw. einander ergänzenden Gesprächspartnern vor, dabei gibt es üblicherweise einen Part, der die Oberhand hat und einen, der sich unterordnet – dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich die beiden in spezifischen Rollen befinden (z.B. Eltern – Kind; LehrerIn – SchülerIn; ChefIn – AngestellteR). Probleme entstehen vor allem, wenn Personen versuchen aus einer symmetrischen Situation eine komplementäre zu machen und die Führung zu übernehmen.
Praktische Einführung
„Paul Watzlawick hat sich die menschliche Kommunikation angesehen und herausgefunden, dass es fünf Axiome – oder Eigenschaften – gibt, an denen man nicht vorbeikommt, wenn man miteinander kommuniziert. Diese Axiome sind auf den ersten Blick sehr komplex, was daran liegt, dass darin bereits sehr viele andere Theorien und Modelle der Kommunikation eingebettet sind.“
Die Axiome der Reihe nach vorstellen und interaktiv versuchen, die Bedeutung zu ergründen und Beispiele für die einzelnen Axiome bringen.
Beispiele zu den Axiomen
Man kann nicht nicht kommunizieren
Jemand sitzt in einem Wartezimmer beim Arzt und starrt zu Boden. Man könnte annehmen, dass diese Person nicht kommuniziert. Allerdings teilt sie dadurch mit, dass sie keinen Kontakt zu anderen Wartenden wünscht.
Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
Aussage: „Du hast heute aber einen schönen Pullover an. Ist der neu?“
Dies kann je nach Gestik, Mimik und Tonfall der Sprecherin/des Sprechers unterschiedlich aufgefasst werden, z.B.:
- als Bestätigung (Die Aussage wird als Kompliment aufgefasst)
- als Vorwurf (Die Aussage wird als Vorwurf – Geldverschwendung? – aufgefasst)
- als unqualifizierte Aussage/Entwertung (Wenn DIE Person das sagt, kann das nur Schlechtes heißen…)
Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung
(hier kann man einen Kreis aufzeichnen, um zu zeigen, dass eine Kommunikation keinen erkennbaren Anfangspunkt hat)
Eine Ehefrau beschwert sich, dass ihr Mann sich ständig zurückzieht. Der Mann erwidert, dass er sich zurückzieht, weil seine Ehefrau sich ständig beschwert, …
oder
Eine Person begrüßt die andere in einem Café – tut dies aber auf die Art, wie sie es aufgrund des Verhaltens der anderen Person für angemessen hält. Diese andere Person hat sich so verhalten, weil sie vorher das Verhalten der ersten Person aufgenommen und interpretiert hat, …
Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Methoden
Wenn jemand weint, kann das bedeuten, dass sie/er traurig ist, oder auch, dass sie/er glücklich ist.
Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär
Symmetrisch: Freundinnen/Freunde, Geschwister, KollegInnen auf gleicher Ebene
Komplementär: ChefIn/AngestellteR, Eltern/Kinder, LehrerIn/SchülerIn
Kommentar
Die Axiome nach Watzlawick sind üblicherweise sehr schwer verdaulich. Man sollte sich Zeit nehmen, um die einzelnen Axiome gut verständlich darzustellen. Je mehr Zeit man sich für das interaktive Erarbeiten und die Erklärung mittels Beispielen nimmt, umso eingängiger wird die Theorie.
Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen
Die TeilnehmerInnen sollten bereits über einen gewissen Grundstock an Theoriewissen zum Thema Kommunikation verfügen (z.B. Sender-Empfänger-Modell, Vier Seiten einer Nachricht), damit die Theorie verständlich wird.
Arbeitsmaterial
Handout zu den Pragmatischen Axiomen nach Watzlawick als pdf
Querverweise
Weiterführende Literatur
Beispiel-Training (90 Minuten)
Zeit | Beschreibung | Material |
50‘ | Vorstellung der Axiome inkl. interaktiver Erarbeitung der Bedeutung und Beispiele (ca. 10‘ pro Axiom) | Flipchart oder Beamer |
15‘ | In Kleingruppen: Anhand jeweils eines Axioms mögliche auftretende Kommunikationsprobleme im Alltag finden | Zettel, Stifte (evt. Plakate) |
25‘ | Vorstellung der Ausarbeitungen inkl. Ergänzungen |