André L. Delbecq, Andrew Henry van de Ven (1971)
Ziel
Durch die Nominalgruppentechnik (NGT) soll es einer Gruppe möglich sein, strukturiert Entscheidungen zu treffen oder Lösungen für eine Problemstellung zu entwickeln.
Kontext
- Entscheidungsfindung
- Moderation
- Kreativität
Theoretischer Hintergrund und praktische Umsetzung
(basierend auf André L. Delbecq, Andrew Henry van de Ven (1971): „A group process model for problem identification and program planning“)
Mit der Nominalgruppentechnik (NGT) können Ideen gefunden und Entscheidungen getroffen werden – wobei alle beteiligten Personen die gleichen Rechte und Pflichten und alle Ideen und Meinungen das gleiche Gewicht haben. Interessant ist diese Methode beispielsweise, wenn man in einem Unternehmen die Ideen und Meinungen der MitarbeiterInnen zu bestimmten bevorstehenden Herausforderungen einholen will.
Der Methodenname weist bereits darauf hin, dass die Gruppe während der Anwendung dieser Methode nur nominal – also dem Namen nach – besteht. In keiner Phase interagieren die Gruppenmitglieder frei miteinander. So wird die Dominanz einzelner Gruppenmitglieder ebenso unterbunden wie die Fokussierung auf einen einzelnen Aspekt oder Gedanken.
Die Methode besteht aus bis zu acht Phasen, wobei es vier Pflichtphasen (1-4) gibt – die anderen dienen der Vor- und Nachbereitung bzw. der Präzisierung der Ergebnisse:
0) Vorbereitunsphase (optional): Sammeln von Dokumenten und Materialien, Raum herrichten, Begrüßung und Erläuterung des Themas sowie des Ziels des Treffens.
1) Stille Ideenfindung: Es wird die Nominalfrage gestellt – also die zu bearbeitende Aufgabenstellung oder das Problem, das gelöst werden soll (z.B. ‚Welche Möglichkeiten gibt es, um mit den bevorstehenden Änderungen im Unternehmen möglichst gut umgehen zu können?‘). Anschließend notieren alle TeilnehmerInnen ihre Ideen auf Kärtchen oder Zettel. Es sollen dabei alle Ideen aufgeschrieben werden, die einem in den Sinn kommen (noch nichts aussortieren).
2) Round-Robin Recording: Die TeilnehmerInnen werden der Reihe nach aufgefordert JEWEILS EINE der notierten Ideen zu nennen. Diese Ideen werden für alle sichtbar notiert (z.B. Flipchart oder Pinnwand). Anschließend wird die Runde wiederholt, wobei wieder jedeR eine Idee vorbringt. Dieser Prozess wird wiederholt, bis alle Ideen sichtbar notiert wurden. Es ist auch erlaubt, während dieser Phase Ideen zu nennen, die nicht in der vorigen Phase notiert wurden (wenn man z.B. durch das gehörte eine neue Idee hat, darf man sie hinzufügen).
3) Klärende Besprechung: Jede Idee wird nun soweit besprochen, dass alle TeilnehmerInnen ein Grundverständnis für alle Ideen entwickeln können. Die TeilnehmerInnen dürfen Fragen stellen und Zustimmung oder Ablehnung äußern. Überschneidungen oder Wiederholungen können hier aufgezeigt werden – allerdings gibt es hier keine inhaltliche Diskussion.
4) (Vorläufige) Abstimmung: Es folgt eine schriftliche (und anonyme) Abstimmung. JedeR TeilnehmerIn notiert z.B. die fünf Lösungsvorschläge, die sie/er für die sinnvollsten, interessantesten oder wichtigsten hält. Die ‚Wahlkarten‘ werden eingesammelt, durchgemischt und durch die Prozessleitung ausgewertet.
5) Besprechung des Ergebnisses (optional): Ist das Ergebnis nicht eindeutig, weil sich z.B. zwei oder mehrere der ausgewählten Ideen wiedersprechen, so ist hier Raum für ein klärendes Gespräch, mit dessen Hilfe das Ergebnis präzisiert werden kann.
6 Finale Abstimmung (optional): Sind alle Ungereimtheiten geklärt, kann hier eine neuerliche und finale Abstimmung stattfinden, die genauso abläuft, wie in Punkt 4 beschreiben.
7) Nachbereitung/Schluss (optional): Das Ergebnis sowie die weitere Vorgehensweise werden von der Prozessleiterin/dem Prozessleiter präsentiert.
Gedacht ist die Methode für fünf bis neun Personen. Wenn die Gruppe größer ist, wird empfohlen, die Gruppe aufzuteilen und die Phasen 1-4 in den kleinen Gruppen durchzuführen und mit den Ergebnissen aus den Kleingruppen anschließend in der großen Gruppe die Phasen 5 und 6 durchzuführen.
Kommentar
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Methode ein weites Spektrum an Meinungen und Ideen sowie ein von den TeilnehmerInnen vorgegebenes Ranking (bzw. eine engere Auswahl) liefert – was aber mit den Ergebnissen passiert und wie diese umgesetzt werden, liegt nicht in der Hand der TeilnehmerInnen und ist nicht Teil der Methode. Für die weiteren Schritte sind diejenigen Personen zuständig, die den Prozess initiiert haben. Die Methode selbst ist nach der (finalen) Abstimmung beendet.
Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen
Es gibt keine inhaltlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Methode.
Querverweise
- Brainstorming
- Brainwriting
- Mindmapping
- Moderationszyklus
- Premortem
- Morphologischer Kasten
- Methode 6-3-5
Weiterführende Literatur
- André L. Delbecq, Andrew Henry van de Ven (1971): „A group process model for problem identification and program planning“ In: The Journal of Applied Behavioral Science 7 (4). S. 466-492.