55-38-7-Regel nach Mehrabian

Albert Mehrabian (1971)

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Ziel

Die TeilnehmerInnen verstehen anhand der 55-38-7-Regel nach Mehrabian, wie wichtig es ist, dass die Mimik und die Stimmlage zum Inhalt einer Nachricht passen müssen. Sie erkennen, dass im Fall eines Widerspruches viel eher der Körpersprache geglaubt wird als dem Inhalt.

Weiters verstehen Sie, dass diese Regel nur unter sehr begrenzten Rahmenbedingungen gültig ist.

 

Kontext

  • Kommunikation

 

Theorie und Praktische Einführung

(basierend auf Albert Mehrabian (1971): Silent Messages, Kapitel 3)

 

Mehrabian stellte folgende Formel auf, um herauszufinden wie die Gesamtaussage einer, in sich inkonsistenten, Nachricht bestimmt wird. Sie beschreibt den Anteil von Mimik, Stimmlage und Inhalt einer Nachricht, gemessen an der Gesamtaussage (positiv, negativ oder neutral).

 

Gesamtaussage / Gesamtgefühl = 7% verbale Aussage (Inhalt) + 38% Aussage der Stimmlage + 55% Aussage der Mimik

 

Im englischen Original:

Total liking / feeling = 7% verbal liking / feeling + 38% vocal liking / feeling + 55% facial liking / feeling
[Mehrabian 1971]

 

Mehrabian fasst diese Formel wie folgt zusammen:

„Wenn eine nonverbale einer verbalen Handlung widerspricht, ist es wahrscheinlicher, dass die Gesamtaussage der Nachricht von der nonverbalen Handlung definiert wird.“
[Mehrabian 1971 S. 45]

 

Er nennt als Beispiele, welche die Aussage von Wörtern überwiegen können: Berührungen, Distanzen, nach vorne lehnen, Augenkontakt, Körperhaltung, Gesten, Mimik und die Stimmlage.

Die oben genannte Formel, wie auch die Zusammenfassung kann am besten an zwei einfachen Beispielen erklärt werden:

 

„Du hast heute aber einen super Tag!“

Wird am Telefon (keine Mimik) dieser (positive) Satz mit klar negativer Stimmlage gesagt, so wird die Nachricht sarkastisch wahrgenommen.

Sieht man auch noch eine klar zum Sarkasmus passende Mimik, wird die wahrgenommene Gesamtaussage noch verstärkt.

 

„Dir gelingt dieses Jahr gar nichts!“

Auch hier kann die Aussage einfach verdreht werden, indem man den Satz mit positiver Stimmlage und einem Lächeln sagt.

 

Einschränkungen

Diese Theorie soll nur herausstreichen, wie inkonsistente Nachrichten – wo der Inhalt z.B. nicht zur Mimik passt – von anderen Menschen entschlüsselt werden.

Mehrabian selbst stellt in „Silent Messages“ [Mehrabian 1971 S. 44] klar, dass es sich bei den Prozentzahlen nur um Näherungswerte handelt.

Er wollte nicht aussagen, dass nur 7% einer Nachricht über den Inhalt, also die gesprochenen Worte, transportiert werden. Wäre dies der Fall, könnten wir zum Beispiel alle fremdsprachigen Filme ohne Probleme verstehen.

 

Die Zugrunde liegende Studie nutzte nur ein Wort (maybe) [Mehrabian 1967a] bzw. neun Wörter (honey, thanks, dear, maybe, really, oh, don’t, brute and terrible) [Mehrabian 1967b]. Die errechneten Zahlen müssen also nicht zwingend auch für längere Sätze oder gar Gespräche gelten. Gleichzeitig sagt einem die eigene Intuition, dass wohl zumindest die Zusammenfassung Gültigkeit hat.

In der zweiten Studie [Mehrabian 1967b] wurden die neun Wörter nur von zwei Frauen (keine Männer) in jeweils drei Tonlagen gesprochen (positiv, neutral, negativ) und lediglich von 30 Studierenden analysiert.

 

Dies zu einer generell gültigen Aussage zu machen – wie es häufig in Kommunikations-Seminaren der Fall ist – ist demnach also keinesfalls zielführend. Sehr wohl aber kann die Studie herangezogen werden, um zu verdeutlichen, wie komplex das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten in der menschlichen Kommunikation sein kann. Ähnliches wird auch von Paul Watzlawick in seinen pragmatischen Axiomen postuliert, wenn er schreibt, dass sich menschliche Kommunikation immer analoger und digitaler Methoden bedient – und man nur im Zusammenspiel aller Faktoren erkennen kann, wie etwas gemeint ist.

 

Kommentar

Diese Theorie eignet sich sehr gut, um den TeilnehmerInnen klar zu machen, dass die Körpersprache / Mimik, Stimmlage und der Inhalt einer Nachricht stets miteinander im Einklang stehen müssen.

Da diese Theorie von sehr vielen falsch verwendet wird, macht es gerade bei Seminarerfahrenen TeilnehmerInnen Sinn, kurz zu erklären wofür die Zahlen eben NICHT stehen.

 

Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen

Es gibt keine besonderen Voraussetzungen.

 

Querverweise

 

Weiterführende Literatur

Das englische Original, Kapitel 3

 

Die beiden Papers auf welchen Kapitel 3 von „Silent Messages“ basiert.

 

Eine Antwort auf “55-38-7-Regel nach Mehrabian”

  1. Diana Lowey

    Hallo zusammen,
    ich habe just einen Verkaufsworkshop konzipiert und dieses Modell benutzt um Vorstellungsrunde mit Inhalt zu verknüpfen.
    Ich habe Emotionen (Ärger, Euphorie, Wut, Freude, Schüchternheit etc.) auf Karten geschrieben und jeder Teilnehmer hat eine Karte gezogen (verdeckt natürlich). Jeder sollte sich dann mit dem Ausdruck dieser Emotion vorstellen ;-). Nach jeder Vorstellung habe ich in einer Tabelle festgehalten (TN sollten die Emotion erraten), welche Emotion das gerade war (auf einer Skala von 1-10), wie sympathisch sie das fanden und woran sie das festmachen. Der Inhalt war ja neutral, aber Stimme, Mimik, Gestik haben dem eben widersprochen.
    Das hat einen riesen Spaß gemacht. Die TN haben richtig Gas gegeben (na gut, ich auch ;-)). Beim nächsten Mal gebe ich aber Punkte vor, die sie bei der Vorstellung nicht vergessen sollten, weil das Vorstellen selber dann doch recht knapp war (wir kannten uns schon, was deshalb nicht so schlimm war).
    Dann habe ich das Modell selber vorgestellt. Hat gut funktioniert.

    Viele Grüße
    Diana

    Antworten

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