Mediationsverfahren

Johann Hagen / Cristina Lenz (2008)

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Ziel

Es wird klar, wie ein Mediationsverfahren abläuft und was dabei die Aufgabe der Mediatorin/des Mediators ist.

 

Kontext

 

Theorie

(basierend auf Hagen/Lenz (2008): Wirtschaftsmediation)

 

Den AutorInnen ist es ein großes Anliegen, als erstes zu betonen, dass in der Mediation immer ein Konsens, anstelle eines Kompromisses, angestrebt wird – es geht darum, eine win-win-Situation herzustellen. „Der Vorteil eines Konsenses liegt in der vollständigen Konfliktbewältigung, was bei einem Kompromiss nicht der Fall ist.“ (Hagen/Lenz 2008: S 92 f).

 

Zusammengefasst sehen sie als Vorteile des Verfahrens der Mediation folgende Aspekte (vgl. Hagen/Lenz 2008: S 93):

 

  • Alle sind Gewinner
  • Mediation als neuer Weg bietet Chancen
  • Jeder Konfliktbeteiligte wahrt sein Gesicht
  • Ergebnisoffenheit
  • Beurteilung des Ergebnisses nach den Kriterien der Beteiligten
  • Die Konfliktbeteiligten gestalten aktiv ihre Zukunft
  • Flexibilität der Verfahrensgestaltung (Zeit, Ort, Sprache, etc.)

 

Als mögliche Nachteile dagegen führen sie folgende Aspekte auf (vgl. ebd.):

 

  • Keine Bestätigung des „Recht habens“
  • Direkte Auseinandersetzung mit dem Konfliktpartner
  • Mediation kann anstrengend sein
  • Mediation wird noch nicht von allen Rechtschutzversicherungen übernommen
  • Mediation setzt die Bereitschaft von allen Seiten voraus

 

Phasen der Mediation

Die Mediation wird von den AutorInnen in drei Phasen unterteilt (vgl. ebd.):

 

Pre-Mediation:

  • Informationsbeschaffung und –auswertung über Konfliktbeilegungsverfahren
  • Prüfung der Eignung des Falles
  • Kontaktaufnahme mit den anderen Konfliktbeteiligten
  • Entscheidung aller Beteiligten zur Mediation
  • MediatorInnen-Auswahl

 

Main-Mediation:

  • Einleitung und Festlegung des Vorgehens
  • Darstellung der Standpunkte
  • Ergründung der Hintergründe und Interessen
  • Erarbeitung von Optionen und Lösungen
  • Verhandlung und Fixierung des Mediationsergebnisses im Memorandum

 

Post-Mediation

  • Gestaltung der Abschlussvereinbarung
  • Umsetzung der Mediationsvereinbarung
  • Evaluierung des Verfahrens

 

Praktische Einführung

Als Einstieg in die Thematik eignet es sich, die Theorie als Kurz-Überblick aufzuzeigen und anschließend näher auf die einzelnen Phasen der Mediation einzugehen:

 

Pre-Mediation

Diese Phase kann es erst dann geben, wenn die potentiellen MediandInnen überhaupt wissen, dass es Mediation gibt und die Entscheidung treffen, dass Mediation ein geeignetes Verfahren zur Bewältigung ihres Konflikts sein könnte. Ist diese Entscheidung getroffen, muss gemeinsam mit der Mediatorin/dem Mediator geklärt werden, ob Mediation tatsächlich das passende Verfahren ist und ob diese Mediatorin/dieser Mediator (bzw. das Team) ebenfalls passt. Ist dies der Fall, wird ein Mediationsvertrag aufgesetzt, in dem unter anderem geklärt wird, dass die Mediation freiwillig ist, dass sich die Parteien verpflichten, eigenverantwortlich und kooperativ an einer einvernehmlichen Lösung zu arbeiten, dass sie bereit sind, alle erforderlichen Informationen offenzulegen und diese vertraulich zu behandeln. Weiters ist in diesem Vertrag üblicherweise enthalten, dass die Mediation jederzeit von allen Beteiligten ohne Angabe von Gründen abgebrochen werden kann, was geschieht, wenn Sitzungstermine nicht eingehalten werden und wer für die Kosten aufkommt.

 

Main-Mediation

Die Main-Mediation wird üblicherweise wieder in mehrere Phasen unterteilt:

  • Eröffnungsphase
  • Statements und Themen
  • Interessen und Bedürfnisse
  • Optionen
  • Verhandlung
  • Abschluss

 

Eröffnungsphase: Hier geht es vor allem darum, Kontakt zu den beiden Parteien herzustellen, sie in den Prozess zu holen und sich gemeinsam zu überlegen, was das (Meta-)Ziel der Mediation sein soll. An dieser Stelle kann ebenso festgehalten werden, wie man im Laufe der Mediation miteinander umgehen will (Verhaltensregeln).

 

Statements und Themen: Jetzt geht es darum, dass die MediandInnen darüber sprechen, warum sie hier sind und was für sie die Situation so schwierig macht. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass beide gleich viel Raum für ihre Ausführungen bekommen. Im Laufe dieser Phase sollen die Themen herausgearbeitet werden, die im Zuge der weiteren Mediation besprochen werden sollen. Diese Themen sind möglichst abstrakt (nicht wertend oder als Forderung) festzuhalten (Beispiel aus Hagen/Lenz 2008, S 99: „Wenn also die Beteiligten über Äpfel und Birnen diskutieren, wäre das Thema ‚Obst‘. Wenn nur einer der Beteiligten über Äpfel sprechen will und der andere über Karotten, dann wären das zwei Themen, nämlich ‚Obst‘ und ‚Gemüse‘.“ Ebenfalls wichtig ist, dass die Themen positiv formuliert sind.

 

Interessen und Bedürfnisse: In dieser Phase geht es darum, herauszufinden, was hinter den einzelnen Themen steckt. Wer verbindet welche Interessen und Bedürfnisse mit welchem Thema. Dadurch wird erreicht, dass die beiden MediandInnen anfangen zu verstehen, worum es der/dem jeweils anderen wirklich geht – sie beginnen, die Perspektive der/des jeweils anderen zu begreifen und damit ihre/seine Wünsche, Werte, Erwartungen, Hoffnungen, Glaubenssätze, Hintergründe, Erfahrungen und Motive. Damit ist man bereits ein gutes Stück vorangekommen, da starre Haltungen á la ‚Ich habe Recht und du hast Unrecht‘ aufgebrochen werden.

 

Optionen: Diese Phase wird noch einmal in zwei Teile geteilt: Zuerst werden auf möglichst kreativem Weg möglichst viele Lösungsmöglichkeiten gesucht (z.B. durch jegliche Form des Brainstorming oder des Brainwriting). Anschließend werden diese genauer betrachtet und bewertet.

 

Verhandlung: Nun geht es noch darum, gemeinsam anhand der möglichen Lösungen, die in der vorherigen Phase erarbeitet wurden, das Paket zu schnüren, das für alle Beteiligten das bestmögliche Ergebnis beinhaltet.

 

Post-Mediation

Die MendiandInnen sind sich nun einig, wie sie die Zukunft gestalten wollen. Nun ist es noch nötig, alle Schritte einzuleiten, damit das Ergebnis auch umgesetzt werden kann. Dies kann durch das Aufsetzen eines Vertrages bei einem Anwalt geschehen oder durch die direkte Umsetzung der vereinbarten Schritte. Als MediatorIn hat man jedenfalls die Pflicht, die MediandInnen darauf hinzuweisen, wie sie das Ergebnis umsetzen können.

 

Kommentar

Es handelt sich hier um eine Zusammenfassung, die als erster Einblick in den Ablauf einer Mediation dienen soll. Für (angehende) MediatorInnen ist jedenfalls eine vertiefende Beschäftigung mit den einzelnen Phasen und den dort verwendeten Techniken notwendig.

 

Richtiger Zeitpunkt/Voraussetzungen

Inhaltlich wäre es sinnvoll, vor Erklärung des Mediationsablaufs einen Einblick in das Wesen der Mediation sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen zu geben.

 

Querverweise

 

Weiterführende Literatur

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